Ein wenig habe ich mich schon immer über die schwergängige Kupplung meiner BMW R1100RS geärgert. Denn ich habe keine Riesenpranken, sondern eher kurze Finger, was ein sicheres Umgreifen des Kupplungshebels nicht gerade einfach macht.

Seit die R1100S bzw die R1150er-Baureihe mit hydraulisch betätigter Kupplung und einstellbarem Kupplungs-Handhebel auf dem Markt waren, habe ich deren Fahrer um dieses Feature beneidet. Den einschlägigen Zubehörhandel hatte ich bereits nach einstellbaren Handhebeln vorwärts und rückwärts abgeklappert, allerdings nichts Brauchbares gefunden. Aber deswegen ein neues Motorrad kaufen? Nein, das ist keine Lösung für einen engagierten Schrauber!

Meine gute R1100RS war 2005 zehn Jahre alt und hatte über 112.000 km gelaufen. Deshalb war im Winter 2005/2006 eine Motor- und Getriebeüberholung geplant, rein vorsorglich sozusagen. Warum dabei nicht die Kupplungsbetätigung auf den Stand der Technik bringen?
{fehlt Bild}Die nahe liegende Idee war, die hydraulische Kupplungsbetätigung der neueren BMW-Modelle (Hydr_Kplg_1150) an meine R1100RS anzupassen. Dazu sollte anstelle der serienmäßig mechanischen Hebelbetätigung ein hydraulischer Kupplungsnehmerzylinder der R1150er Baureihe am hinteren Ende des Getriebegehäuses untergebracht werden (Gehäusehals). Doch ist dort genügend Platz und wie kann der Kupplungsnehmerzylinder (Kupplungsnehmerzylinder) dort möglichst einfach befestigt werden? Mehrere Versuche mit verschiedenen Holzmodellen eines Adapters, einem alten Getriebegehäuse, einem Kardantunnel und einem ausrangierten hydraulischen Kupplungszylinder ergaben folgendes:

gehaeusehals
gehaeusehals
kupplungsnehmerzylinder
kupplungsnehmerzylinder

Wenn man den hydraulischen Kupplungszylinder direkt in den Gehäusehals der mechanischen Kupplungsbetätigung einsetzt, verbleibt zwischen dem hinteren Ende des Kupplungszylinders und dem Kardantunnelgehäuse ein Freiraum von etwa 5 mm, für die Bewegung des Kardantunnelgehäuses beim Ein-/Ausfedern völlig ausreichend. Eine Demontage des Kupplungszylinders erfordert dann zwar auch eine Demontage des Kardantunnelgehäuses, aber anders ist das bei der mechanischen Betätigung auch nicht. Und die Demontage des Kupplungszylinders bei der 1150er hat BMW auch nicht gerade wartungsfreundlich gelöst (dort ist die Querstrebe zu demontieren und der hintere Rahmen nach oben zu schwenken bevor man an den Kupplungszylinder kommt).

Die erfolgreiche Erprobung gab schließlich den Ausschlag für den Erwerb der folgenden umbauwesentlichen Gebrauchtteile (Tabelle):

Bezeichnung TeileNr. Verwendet bei Neupreise in €
Stand 01/2006
Griffeinheit links, kpl.
(Geberzylinder hydraulisch)
32 72 7 650 779 R1100S Bj.98-
R1150GS Bj.99-
R1150RT/R Bj.01-
269,00
Nehmerzylinder Kupplung D=24 mm 21 52 2 335 061 R1200C, R1100S,
R1150GS/RT/R/RS
97,15
Leitung Geber-Nehmer 21 52 2 333 411 R1150GS/Adv/R 75,25
Entlüftungsleitung 21 52 2 333 455 R1150GS/Adv/R/RT/RS 62,15
Kombischalter links, elektrisch 61 31 7 659 325 R1150GS/Adv/R/RT/RS 181,45
adapter_eingebaut
adapter_eingebaut

Nachdem das Getriebe zerlegt war, wurde die hintere Gehäusehälfte in einer feinmechanischen Werkstatt bearbeitet. Nach Skizze und Holzmodell wurde dort ein Adapter aus Alu angefertigt, Höhe 25 mm, Innenbohrung abgestuft 36/40 mm, Umfangsabmessung angepasst an den hydraulischen Kupplungsnehmerzylinder und dessen drei Befestigungsschrauben (Adapter_eingebaut). Der Hals am Getriebegehäuse für die Aufnahme der mechanischer Kupplungsbetätigung wurde zur Aufnahme des hydraulischen Kupplungszylinders innen durchgehend auf 32 mm aufgebohrt. Außen verläuft der Hals leicht konisch.

adapter_zylinder
adapter_zylinder

Durch die vorhandene Ringnut für die Befestigung des Faltenbalges ist seine Wandstärke endseitig geringer als bodenseitig. Deshalb wurde der Hals außen in zwei Durchmesserstufen zylindrisch auf 36/40 mm zur Aufnahme des Adapters bearbeitet. In seiner Länge wurde der Gehäusehals nicht verändert. Die Befestigung des Adapters am Gehäusehals hatte ich zunächst aufwändiger vorgesehen. Auf Vorschlag eines mitdenkenden, pfiffigen Handwerkermeisters erfolgte sie mittels 6 Gewindestiften M5 x 18 parallel zum Gehäusehals, die mit hochfester Schraubensicherung eingesetzt sind. Der Kupplungsnehmerzylinder ist derart eingebaut, dass die hydraulischen Anschlüsse des Kupplungszylinders zur optimalen Entlüftung nach oben stehen (Adapter_Zylinder).

Die serienmäßigen 1150er-Hydraulikleitungen verlaufen in Fahrtrichtung links am Motor vorbei. Wollte man das Gehäusefenster des 5-Gang-Getriebes, durch welches

gehaeuseoberseite
gehaeuseoberseite

der mechanische Kupplungshebel aus dem Getriebegehäuse herausragt, eleganterweise zur Durchführung der hydraulischen Leitungen nutzen, müssten die Leitungen rechts am Motor vorbei verlegt werden. Dazu sind sie aber zu kurz, außer man fährt nur noch Rechtskurven? Aus Kostengründen habe ich die Original BMW-Hydraulikleitungen weiterverwendet. Deshalb habe ich am hinteren Getriebegehäuse oben links noch eine entsprechende Öffnung zur Leitungsdurchführung ausgearbeitet (Gehäuseoberseite). Außerdem wurden zwei 12 mm Gehäusebohrungen direkt oberhalb des montierten Kupplungszylinders eingebracht, durch welche die Befestigungshohlschrauben bei der Montage der Hydraulikleitungen eingeführt und festgeschraubt werden können.

Nehmerzylinder eingebaut
Nehmerzylinder eingebaut

Nach dem Zusammenbau des Getriebes und seiner Montage am Motorblock wird der Kupplungsnehmerzylinder wie folgt montiert (Nehmerzylinder eingebaut):

  • Kupplungsdruckstange (mit Filzring) in Getriebeeingangswelle einsetzen.
  • Kupplungszylinder mit Papierdichtung (EtNr. 23 12 2 352 156) am Adapter festschrauben, 9 Nm Anzugdrehmoment, Schraubensicherung mittelfest.
  • Hydraulikleitungen nacheinander durch Gehäusefenster einführen, am Kupplungszylinder befestigen, Dichtringe nicht vergessen (Gehäuseoberseite_Leitungen).
  • Lenkerarmatur anbringen.
  • Kupplungssystem mit Bremsflüssigkeit DOT 4 befüllen.
  • Kupplungssystem entlüften gemäß Reparatur-/Wartungseinleitung der 1150er-Modelle.
  • Handhebel einstellen. Fertig! (Einbauzustand)
Gehäuseoberseite_Leitungen
Gehäuseoberseite_Leitungen
Einbauzustand
Einbauzustand

In dieser Saison habe ich über 10.000 km, überwiegend auf Landstraßen und auf dem Hockenheimring abgespult. Die hydraulische Kupplungsbetätigung hat immer zu meiner höchsten Zufriedenheit funktioniert, war leichtgängig und mit dem verstellbaren Handhebel für mich leicht greifbar, ich möchte sie nicht mehr missen! Mit anderen Worten: Es hat sich gelohnt!

Anmerkungen:
- Beim Gebrauchtkauf sollte man vollständige Armaturen bevorzugen, also hydraulisch/elektrisch/mechanisch komplett. Die sind nur auf den ersten Blick teurer. Wenn man nämlich die Seilzugführungen (Gas/Choke), Heizgriffe bzw Gasdrehgriff und diverse Kleinteile extra zukaufen muss, wird es vermutlich teurer.
- Als quasi zwangsläufige Folge des Umbaus der linken Lenkerarmatur ergibt sich der gleichzeitige Austausch der rechten Lenkerarmatur. Da der Gasdrehgriff der 1150er Modelle sich von demjenigen der 1100er durch einen geänderten Gaszug mitsamt Führung unterscheidet, sollte auch der komplette zweiteilige Gaszug der 1150-Modelle verwendet werden. Bei meiner R1100RS hatte ich bereits vor mehreren Jahren den original einteiligen Gaszug gegen den mehrteiligen Gaszug mit Verteiler (unterhab des Batteriehalters) der 1150er-Modelle ausgetauscht. Grund war, dass sich beim mehrteiligen Gaszug Wärmedehnungen weniger auf die Synchronität der Drosselklappenbetätigung auswirken als beim einteiligen Gaszug. Die Praxis gibt dem Recht.

Zu guter Letzt ein Wort noch zum Umbau der gesamten Handhebelei:

Wie bereits erwähnt, habe ich die rechte Lenkerarmatur gleich mit umgerüstet, denn links 1150er und rechts 1100er Armaturen war mir denn doch zu gŽschert. Die Anbringung der hydraulischen 1150er-Armaturen für Kupplung und Bremse bedingt auch deren elektrische Komponenten, sprich Kombischalter. Die sind ohnehin besser, weil sie ergonomisch optimiert sind. Wer sie einmal bedient hat, weiß wovon ich spreche.

Rechte Armatur:
Handbremshydraulisch ist leider eine neue (1150er-) Teil-Bremsleitung vom Handbremszylinder zum ersten Verbindungsstück am Rahmen erforderlich. Weil die alte 1100er Armatur seitlich und die neue 1150er Armatur unten am Handbremszylinder angeschlossen ist, weisen die Ringanschlüsse unterschiedliche Kröpfungen auf. Die Leitungslänge ist vom Lenker abhängig, dh. GS/Adv mit hohem Lenker erfordert eine längere Leitung als beim serienmäßigen RS-Lenker. Anhand eines Vergleichs der Schaltpläne wird schnell klar, dass die elektrische Belegung des 1150er Kombischalters rechts ohne weiteres mit demjenigen der 1100er zusammenpasst. [Achtung: Es gibt Kombischalterausführungen mit Dauerlicht, dh hier fehlt der Schiebeschalter für Standlicht/Fahrlicht. Beim Kauf drauf achten!] Den alten Kabelbaumstecker der 1100er habe ich auf den Kabelbaum der 1150er Armatur umgebaut, dabei kann die Steckerbelegung laut Schaltplan zugrunde gelegt werden. Hilfreich ist hier ein Spezial-Entriegelungswerkzeug zum Lösen der Kontaktverriegelungen im 1100er Stecker, Entriegelungsmaß 4 mm, gibt?s bei Conrad für ~24 EUR, Artikel-Nr.: 813426 - 62. Mit diesem Werkzeug bekommt man die alten Buchsen/Stecker heile aus dem 1100er Steckergehäuse heraus und kann sie an die abgeschnittenen Leitungen der neuen Armatur anlöten.

Linke Armatur:
Kupplungshydraulisch gibt es hier kein Problem, weil die Kupplungshydraulik komplett von der 1150er-Modellreihe stammt. Aber elektrisch! Während die Umschaltung von Abblend-/Fernlicht bei der alten 1100er direkt mit dem Lenkerschalter und 1,0 mm² Kabeln auskommt, wartet die 1150er Modellreihe mit 0,75 mm² Kabeln und einem Lichtrelais (Unterbrecher) auf, ET-Nr. 61 36 1 393 417, kostet 6,35 EUR. Da das Lichtrelais im Schaltkasten der 1150er sitzt, fehlt im Kabelbaum des

Schaltung_Kombischalter links_Farb
Schaltung_Kombischalter links_Farb

1150er-Kombischalters das gelbe Kabel für das Abblendlicht. Mit der Schaltung gemäß Bild (Schaltung_Kombischalter links_Farb) habe ich mir das gelbe Kabel schaltungstechnisch ?beschafft?. Das Lichtrelais habe ich in den Kabelbaum des linken Komischalters nahe am Kabelbaumstecker eingebaut, sprich elektrisch angeschlossen und mit Isolierband am Kabelbaum des Kombischalter fixiert. Die Ziffern 1-8 im Schaltplan (Stecker) bezeichnen jeweils die Belegung des Steckers, wie sie auf dem Steckergehäuse aufgeprägt sind.

Hinweis:
Zumindest bei der Handbremsarmatur mit Handhebel, Handbremszylinder und Bremsflüssigkeitbehälter handelt es sich um sicherheitsrelevante Fahrzeugteile, deren Austausch m.E. nach Überprüfung durch einen Sachverständigen in die Fahrzeugpapiere eingetragen werden muss. Da bei meiner Getriebeüberholung noch weitere Änderungen am Antrieb vorgenommen wurden, war ohnehin eine Einzelabnahme erforderlich. Die vorstehend beschriebenen Änderungen wurden dabei ohne Probleme akzeptiert, weil sämtliche Änderungen detailliert dokumentiert waren und ausschließlich original BMW-Teile verwendet wurden.